Im Rahmen einer digitalen Pressekonferenz hat am Freitag, 30. Juli, Prof. Dr. Heinz-Jürgen Vo?, Professor für Sexualwissenschaft und Sexuelle Bildung, die PARTNER 5 Jugendstudie vorgestellt. Bei der Pressekonferenz wurde er von Holger Paech, Kinder- und Jugendbeauftragter des Landes Sachsen-Anhalt, und Jürgen-Wolfgang Stein, Psychologe und u.a. Mitglied des Fachgremiums beim Unabh?ngigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs bei der Bundesregierung, unterstützt.
Durchgeführt wurde die PARTNER 5 Jugendstudie im Auftrag des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt vom sexualwissen?schaftlichen Bereich der 皇冠足球体育_足球比分直播¥中国竞彩网. Befragt wurden Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren. Ziel war es, einen tieferen Einblick in das Dunkelfeld zu Grenzverletzungen und sexualisierter Gewalt zu erhalten und Ableitungen für Verfahrensabl?ufe und die Funktionalit?t von bestehenden Hilfe- und Unterstü?tzungs?strukturen erhalten zu k?nnen. Die Studie zeigt, anders als die schon erschreckende Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Bundeskriminalamtes, nicht nur Zahlen. Sie gibt einen tiefen Einblick in die Erfahrungen der jungen Leute mit sexuellen Grenzverletzungen und mit sexualisierter Gewalt. Man bekommt eine Ahnung davon, wie sich Gewalt für die Betroffenen anfühlt. Und w?hrend die PKS diejenigen Straftaten z?hlt, die angezeigt wurden, beleuchtet die Studie das sogenannte Dunkelfeld.
Die Studie fügt sich in Ma?nahmen des Landes Sachsen-Anhalt ein, eine gute Unterstützung für Betroffene von sexualisierter Gewalt zu gew?hrleisten und angepasste Pr?ven?tionsangebote vorzuhalten. Die PARTNER 5 Studie, die neben der Jugendstudie auch eine Erwachsenenstudie beinhaltet, wurde vom Minis?terium für Inneres und Sport gef?rdert. Die umfassenden Ergebnisse gehen in die Weiterentwicklung der Interventions- und Pr?ventions?ma?nahmen des Landes ein. Einige bedeutsame Ergebnisse sind:
- Allgemein sexuelle Bel?stigung – von verbalen ?bergriffen wie Cat?calling bis hin zu unerwünschten Berührungen im ?ffentlichen Raum – ist h?ufig. Fast alle weiblichen und diversgeschlechtlichen und die H?lfte der m?nnlichen Jugendlichen haben bereits Formen sexueller Bel?stigung erlebt.
- Einen Vergewaltigungsversuch hat jede vierte weibliche Jugendliche (24%) erlebt, 7% der m?nnlichen Jugendlichen und 39% der divers?geschlechtlichen Jugendlichen waren ebenso bereits von einem Vergewal?tigungsversuch betroffen. Eine vollendete Vergewaltigung haben 14% der weiblichen Befragten, 3% der m?nn?lichen und 21% der diversen Jugendlichen selbst erfahren.
- In der Studie wurde genauer nach dem belastendsten Erlebnis gefragt. Gerade für Delikte in der Kindheit zeigt sich eine angewachsene Anzei?geh?ufigkeit: ?ber 20% der F?lle werden hier mittlerweile zur Anzeige gebracht, vor 30 Jahren waren es nur etwa 4% der F?lle. Im Jugendalter erfahrene Delikte werden deutlich seltener (nur 0 bis 5%) zur Anzeige gebracht.
- Vertrauenspersonen werden von M?dchen mehrheitlich (zu 61%), von Diversen zu 49% und Jungen zu 37% hinzugezogen. Das sind oft Freund*innen, Partner*innen oder Mütter, in etwa 40% der F?lle Professionelle.
Detaillierter erster ?berblick über die Ergebnisse der Studie:
Die PARTNER 5 Jugendstudie Jugendliche 2021 wurde Anfang 2020 als Paper-Pencil-Befra?gung an Bildungseinrichtungen Sachsen-Anhalts begonnen und aufgrund der Corona-Pandemie als onlinebasierte Studie von Oktober 2020 bis M?rz 2021 fortgeführt. Teilgenommen haben 1.443 Personen, 1.269 online und 174 offline. Die gültige Stichprobe umfasst die Antworten von 861 Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen zwischen 16 und 18 Jahren (Durchschnittsalter 16,9 Jahre) darunter 522 M?dchen/junge Frauen, 297 Jungen/M?nner sowie 42 Personen mit diverser Geschlechtsidentit?t. 377 Teilnehmer*innen wohnen in Sachsen-Anhalt, 471 in den neuen Bundesl?ndern.
PARTNER 5 ist eine komplexe sexualwissenschaftliche Studie mit einigen krimi?nologisch relevanten Fragestellungen. Neben der Erhebung von Pr?valenzen zu sexuellen Grenzverletzungen und den Analysen zu Anzeige bzw. Nichtanzeige strafrechtlich relevanter Taten geht es vor allem um die subjektive Sicht der Betroffenen: Was haben sie erlebt, wie sind sie damit umgegangen, wie haben sie das Erlebte verarbeitet, wie stark ist der Leidensdruck und wovon h?ngt er ab?
Teil 1: Erfahrungen mit verschiedenen sexuellen Grenzverletzungen
Sexuelle Bel?stigung: Fast alle weiblichen (94%) und diversgeschlechtlichen (97%) und die H?lfte (52%) der m?nnlichen Jugendlichen haben bereits Formen sexueller Bel?stigung erlebt.
Wo erfolgen sexuelle ?bergriffe: Am h?ufigsten sind verbale ?bergriffe (w: 78%, d: 87%, m: 28%), gefolgt von k?rperlichen Grenzverletzungen im ?ffentlichen Raum (w: 66%, d: 74%, m: 26%). Auch im Internet und in der Schule werden ?bergriffe h?ufig erlebt – von bis zu 50% der M?dchen und bis zu 25% der Jungen. Am seltensten sind sexuelle Grenzverletzungen in den Herkunftsfamilien. Diversgeschlechtliche Jugendliche sind in allen Bereichen h?ufiger betroffen.
Vergewaltigung: Jede vierte weibliche Jugendliche (24%) hat bereits einen Vergewaltigungsversuch erlebt, m?nnliche Jugendliche sind viel seltener betroffen (7%), diversgeschlechtliche Jugendliche viel h?ufiger (39%). Von selbst erfahrener Vergewaltigung berichten 14% der jungen Frauen (21% der diversen, 3% der m?nnlichen Jugendlichen). Die Erfahrungen mit schweren Formen sexualisierter Gewalt sind historisch etwas angewachsen. Das betrifft auch die Erfahrungen mit Zwang beim ?ersten Mal“.
Belastungserleben: Die diversen und die weiblichen Jugendlichen haben nicht nur h?ufiger ?bergriffe erlebt, sie leiden auch deutlich st?rker darunter als die m?nnlichen Befragten. Jede vierte junge Frau leidet sehr stark oder stark, nur jede dritte fühlt sich gar nicht belastet. Bei den jungen M?nnern ?u?ern 7% starkes Leid, w?hrend die Mehrheit (59%) sich überhaupt nicht belastet fühlt. Vergewaltigungen und andere k?rperliche ?bergriffe haben das st?rkste Traumatisierungspotenzial. ?bergriffe in der Herkunftsfamilie erzeugen den st?rksten Leidensdruck, ?bergriffe im Internet den geringsten.
Teil 2: Das belastendste Erlebnis
Zur genaueren Charakterisierung konkreter Delikte und der Erfassung des damit verbundenen Anzeigeverhaltens wurde in der Studie nach dem belastendsten Erlebnis eines sexuellen ?bergriffs gefragt, zu dem sich 69% der weiblichen, 88% der diversen und 39% der m?nnlichen Jugendlichen ?u?erten.
Deliktcharakteristika: Etwa die H?lfte aller bedeutsamen Erlebnisse bei den weib?lichen und diversen Jugendlichen sind Hands-on-Delikte (also Taten mit K?rper?kontakt), bei den m?nnlichen lediglich ein Viertel.
Alter der Opfer: Ein Viertel der Befragten – m?nnlich wie weiblich – erinnert sich an einen sexuellen ?bergriff in der Kindheit, diversgeschlechtliche zu 40%.
T?ter*innen: Die T?ter*innen sind überwiegend m?nnlich. Die jungen Frauen geben zu 3%, die M?nner zu 24% weibliche T?ter*innen an. Rund 60% aller Taten werden durch bekannte T?ter*innen ausgeübt.
Vertrauenspersonen: W?hrend sich M?dchen nach erlebten ?bergriffen mehrheit?lich (zu 61%) an eine Vertrauensperson wenden, ist das bei Jungen deutlich seltener der Fall (37%).
Anzeigeverhalten: Weibliche Opfer zeigen geringfügig h?ufiger an als m?nnliche (9% : 7%). ?bergriffe in der Kindheit werden bei beiden Geschlechtern ann?hernd gleich – in über 20% der F?lle – zur Anzeige gebracht. Die Anzeigeh?ufigkeit ist historisch angewachsen, wie der Vergleich mit der Erwachsenenstudie zeigt: W?hrend vor 30 Jahren nur etwa jeder fünfundzwanzigste Fall sexuellen Missbrauchs von Kindern zur Anzeige gelangte, ist es in den letzten Jahren mindestens jeder fünfte.
Beurteilung des Anzeigeverhaltens: Die wenigen Jugendlichen, die Anzeige erstatteten, beurteilen ihre Entscheidung retrospektiv zu 90% als richtig. Auch Nichtanzeigen werden aus heutiger Sicht als überwiegend richtig bewertet (74%), deutlich mehr als in der Erwachsenenstudie (58%). Je jünger die Betroffenen beim Delikt, desto kritischer wird die Nichtanzeige gesehen.
Hilfs- und Unterstützungsbedarf: Den allermeisten von sexueller Gewalt Betroffenen stehen – wenn sie es denn für notwendig erachten – private wie professionelle Hilfspersonen zur Verfügung. Das sind am h?ufigsten gute Freund*innen oder Mütter, aber auch – in ca. 40% aller Hilfen – Professionelle. Die Mehrheit der Betroffenen (58% weiblich, 70% m?nnlich) hat jedoch weder Hilfe erhalten noch einen entsprechenden Bedarf. Die diversgeschlechtlichen Jugendlichen sind die vulnerabelste Gruppe mit dem vergleichsweise gr??ten Hilfebedarf.
Die Studie mit allen Ergebnissen k?nnen Sie hier einsehen.
Informationen zu den Bachelor- und Masterstudieng?ngen des Fachbereiches Soziale Arbeit.Medien.Kultur finden Sie hier.
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Prof. Dr. Heinz-Jürgen Vo?
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